Poems Without Frontiers

Poems in Translation

Annette von Droste-Hülshoff







Mondesaufgang
Annette von Droste-Hülshoff

An des Balkones Gitter lehnte ich
Und wartete, du mildes Licht, auf dich.
Hoch über mir, gleich trübem Eiskristalle,
Zerschmolzen schwamm des Firmamentes Halle;
Der See verschimmerte mit leisem Dehnen,
Zerfloßne Perlen oder Wolkentränen?
Es rieselte, es dämmerte um mich,
Ich wartete, du mildes Licht, auf dich.

Hoch stand ich, neben mir der Linden Kamm,
Tief unter mir Gezweige, Ast und Stamm;
Im Laube summte der Phalänen Reigen,
Die Feuerfliege sah ich glimmend steigen,
Und Blüten taumelten wie halb entschlafen;
Mir war, als treibe hier ein Herz zum Hafen,
Ein Herz, das übervoll von Glück und Leid
Und Bildern seliger Vergangenheit.

Das Dunkel stieg, die Schatten drangen ein -
Wo weilst du, weilst du denn, mein milder Schein?
Sie drangen ein, wie sündige Gedanken,
Des Firmamentes Woge schien zu schwanken,
Verzittert war der Feuerfliege Funken,
Längst die Phaläne auf den Grund gesunken,
Nur Bergeshäupter standen hart und nah,
ein düstrer Richterkreis, im Düster da.

Und Zweige zischelten an meinem Fuß
Wie Warnungsflüstern oder Todesgruß;
Ein Summen stieg im weiten Wassertale
Wie Volksgemurmel vor dem Tribunale;
Mir war, als müsse etwas Rechnung geben,
Als stehe zagend ein verlornes Leben,
Als stehe ein verkümmert Herz allein,
Einsam mit seiner Schuld und seiner Pein.

Da auf die Wellen sank ein Silberflor,
Und langsam stiegst du, frommes Licht, empor;
Der Alpen finstre Stirnen strichst du leise,
Und aus den Richtern wurden sanfte Greise,
Der Wellen Zucken ward ein lächelnd Winken,
An jedem Zweige sah ich Tropfen blinken,
Und jeder Tropfen schien ein Kämmerlein,
Drin flimmerte der Heimaltlampe Schein.

O Mond, du bist mir wie ein später Freund,
Der seine Jugend dem Verarmten eint,
Um seine sterbenden Erinnerungen
Des Lebens zarten Widerschein geschlungen,
Bist keine Sonne, die entzückt und blendet,
In Feuerströmen lebt, im Blute endet -
Bist, was dem kranken Sänger sein Gedicht,
Ein fremdes, aber o! ein mildes Licht.



Moonrise
Annette von Droste-Hülshoff

I leant upon the balcony rail
And there, for your mild light, I waited.
High above me like crystals of clouded ice
Swam a melted canopy;
The lake shimmered across its quiet extent-
Were they pearls that flowed or clouds of tears?
I thrilled to the twilight gathering round
And there, for your mild light, I waited.

High I stood, next to the crests of Linden,
Deep below were branch, bough and trunk;
Moths led their humming dance through leaves
And I saw fireflies glowing as they rose
Whilst blossoms were sinking half asleep;
To me it was as if a heart were drifting to the harbour-
A heart overfilled with happiness and sorrow
And pictures of a blissful past.

The darkness rose, shadows intruded-
Where do you linger then, softly lingering ray?
They intruded like sinful thoughts;
The billowing canopy seemed to sway
As the sparks of fireflies were shaking,
The moths long since sunk to ground.
Only mountain peaks stood stark and near,
A dark judgmental circle in the gloom.

And branches murmured at my feet
Like warning whispers or deathly greetings;
A humming rose from the far off rills
Like murmurings of people in a meeting;
To me it was as if something must yield account,
As if a lost life hesitates,
As if a troubled heart must stand alone
In isolation with its guilt and pain.

There upon the waves sank a veil of silver
And slowly, you pious light, you rose
Lightly stroking the brooding alpine face
Transforming the judges to gentle sages.
The flash of waves became a smiling signal;
On every branch I saw the droplets flaring
And every drop seemed a ladies chamber
Wherein a homely lamplight glowed.

O moon! To me you are a belated friend
Who unites his youth to a poor lost soul
Clasping about him his dying memories
Of life's tender reflections.
No sun are you that charms and flashes,
Lives in rivers of fire and ends in blood-
You are what the poem is to the ailing singer-
A different, but oh, so soft a light!

Translation: © David Paley