Liebesglück
Eduard Mörike
Wenn Dichter oft in warmen Phantasieen,
Von Liebesglück und schmerzlichem Vergnügen,
Sich oder uns, nach ihrer Art, belügen,
So sei dies Spielwerk ihnen gern verziehen.
Mir aber hat ein gütger Gott verliehen,
Den Himmel, den sie träumen, zu durchfliegen,
Ich sah die Anmut mir im Arm sich schmiegen,
Der Unschuld Blick von raschem Feuer glühen.
Auch ich trug einst der Liebe Müh und Lasten,
Verschmähte nicht den herben Kelch zu trinken,
Damit ich seine Lust nun ganz empfinde.
Und dennoch gleich ich jenen Erzphantasten:
Mir will mein Glück so unermeßlich dünken,
Daß ich mir oft im wachen Traum verschwinde.
Love's Fortune
Eduard Mörike
When poets often, in warm fantasies
Of love's fortune and painful pleasures,
Deceive themselves or us, as is their wont,
May their deception be gladly forgiven.
To me, however, a beneficent God has lent
The sky, through which they dream of flying.
I saw grace nestle with me upon my arm,
The look of innocence glowing of quickened fire.
Once, I also bore love's trouble and burden,
Scorned not to drink the bitter chalice,
So that I am now quite familiar with it's desire.
But, nonetheless, I resemble that fantasy of old:
My fortune appears so immeasurable to me,
That I often fade into a waking dream.
Translation: © David Paley
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